21. November 2023
Aufgrund eines kürzlich veröffentlichten Urteils des Landesarbeitsgerichts Nürnberg widmen wir uns heute der Frage, ob das Duschen zur Arbeitszeit gehört. Dieses Urteil könnte weitreichende Auswirkungen für andere Unternehmen haben.
Ein Containermechaniker, welcher seit 2008 beim beklagten Unternehmen beschäftigt ist, forderte von seinem Arbeitgeber, einem Unternehmen im Speditions- und Transportgewerbe, Vergütung für Wege-, Umkleide- und Reinigungszeiten. Die Gesamtforderung belief sich auf mehr als 20.000 €, die sich aus den notwendigen Minuten für die genannten Tätigkeiten zusammensetzen.. Der Kläger argumentierte, dass die Wege-, Umkleide- und Reinigungszeiten im Interesse des Arbeitgebers seien und daher vergütungspflichtig sind.
Das beklagte Unternehmen argumentierte, dass die geltend gemacht Zeiten nicht vergütungspflichtig seien. Dabei bezog sich das Unternehmen auf die geltenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarung zum Thema Arbeitszeit.
Argumentationen im Prozess:
Im Prozess beschrieb der Kläger seinen Arbeitstag. Dabei führte er aus, dass mit dem Betreten des Betriebsgeländes der Arbeitstag beginnt. Nach dem Betreten des Betriebsgeländes hat er sich zur Umkleide zu begeben, dort seine Arbeitskleidung zu holen, sich umzuziehen, die private Kleidung im Spind zu verstauen und danach am Zeiterfassungsterminal den Arbeitsbeginn einzugeben.
Die Zeiterfassung des Terminals erfolgt nicht automatisch, sondern anhand der manuellen Eingabe der Uhrzeit durch den Arbeitnehmer.
Weiter führt der Kläger aus, dass er nach Arbeitsende zurück zur Umkleide geht, sich dann wäscht oder duscht aufgrund der entstandenen Verschmutzung am Arbeitstag, die verunreinigte Arbeitskleidung in der Umkleide zurücklässt und sich danach ausstempelt.
Während des Gerichtsverfahrens wurde auch auf die Stempelzeiten eingegangen. Innerhalb des Unternehmens existiert eine öffentliche Bekanntmachung, die klarstellt, dass „Das Umkleiden/Duschen während der Arbeitszeit ist – nach wie vor – nicht statthaft und wird in keiner Art und Weise toleriert“. Der Kläger erklärte, dass lediglich die Schichtzeiten manuell im Zeiterfassungsterminal erfasst werden sollten.
Das nun veröffentlichte Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg ist das Urteil des Berufungsprozesses, da sowohl Kläger als auch Beklagter in die Berufung gegangen waren. Aber auch das Landesarbeitsgericht bestätigt das Urteil der Vorinstanz.
So entschied das Gericht, dass der Weg des Klägers von der Pforte zur Umkleide nicht vergütungspflichtig ist. Hingegen wurden die Zeiten für Umkleiden, Körperreinigung und die Wege zwischen Umkleide und Arbeitsplatz als vergütungspflichtig eingestuft. Insgesamt schätzte das Gericht, dass täglich 21 Minuten für diese Tätigkeiten aufgewendet werden und entsprechend zu vergüten sind.
Zur Bewertung dieser Zeiten als vergütungspflichtige Zeiten führte das Gericht aus, dass der Arbeitgeber gemäß § 611a Abs. 2 BGB der gesetzlichen Vergütungspflicht für weisungsgebundene Arbeit unterliegt. Diese Pflicht umfasst nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern erstreckt sich auch auf jegliche mit der Haupttätigkeit verbundene zusätzliche Tätigkeiten oder Maßnahmen. Und durch die Weisung des Arbeitgebers, dass das Umkleiden im Betrieb zu erfolgen hat, wird das Umkleiden und der Weg zum Arbeitsplatz zu einer arbeitsvertraglichen Verpflichtung.
Die Einschätzung der Zeit für die Körperreinigung hängt davon ab, ob diese Reinigung, speziell das Duschen, als fremdnützig oder eigennützig betrachtet wird. Im vorliegenden Fall entschied das Gericht, dass die Körperreinigung als fremdnützig anzusehen ist. Dies basiert darauf, dass die Verschmutzung des Körpers, die im Laufe des Arbeitstags auftritt, über das übliche Maß im Privatleben hinausgeht. Somit wird die Körperreinigung zu einem Bestandteil der vom Arbeitnehmer notwendigerweise geschuldeten Arbeit.
Das Urteil stärkt die Rechte der Arbeitnehmer im Hinblick auf die Vergütungspflicht für alle Tätigkeiten, einschließlich solcher Nebentätigkeiten, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit stehen und vom Arbeitgeber angeordnet werden. Allerdings ist zu beachten, dass das Urteil nicht pauschal auf andere Unternehmen übertragbar ist. Zum Beispiel wird das Anziehen von Arbeitskleidung zuhause nicht als vergütungspflichtige Arbeitszeit betrachtet.
Wir können Ihnen zwar nicht helfen die Zeiten für notwendige, mit der Haupttätigkeit verbundene, Tätigkeiten zu reduzieren. Wir können Ihnen aber helfen die Zeiten für die Arbeitszeiterfassung und die damit verbundenen Verwaltungstätigkeiten zu reduzieren.